Montag, 16. November 2015

Reformschulen im Überblick: Rudolf Steiner

Montessori, Waldorf, Jenaplan und wie sie alle heißen – die reformpädagogischen Konzepte sind Trend. Allerorts werden Schulen gegründet, die einen Gegenentwurf zur staatlichen Regelschule darstellen wollen. Und immer mehr Eltern und Schüler wenden sich ihnen zu, trotz nicht immer günstigem Schulgeld entscheiden sich viele Familien für alternative Schulen. Sie wünschen sich einen besseren Lehrerschlüssel, mehr Individualität und weniger Leistungsdruck. Doch was steckt eigentlich hinter diesen Begriffen? Heute die Waldorfpädagogik.

Grundlage der Waldorfpädagogik ist eine ganzheitliche Entwicklung von Körper, Geist und Seele. Die Anthroposophie ihres Begründers Rudolf Steiner (1861 – 1925) geht von einer Dreigliedrigkeit des Menschen aus: das Denken, das Fühlen und das Wollen. In der Waldorfschule oder Rudolf-Steiner-Schule und im Waldorfkindergarten werden handwerklich-künstlerische Fähigkeiten besonders gefördert.

Der Unterricht in der Waldorfschule umfasst im Wesentlichen zwei Blöcke. Der je nach Schule etwa zweistündige Hauptunterricht konzentriert sich als so genannter Epochen-Unterricht jeweils für mehrere Wochen auf ein Schulfach wie beispielsweise Mathematik oder Schreiben. Im zweiten Block, dem Fachunterricht, werden Fremdsprachen und künstlerische Fächer wie Gymnastik, Handarbeit, Musik sowie die Tanz- und Bewegungskunst Eurythmie gelehrt. Waldorfschulen arbeiten ohne Zensuren. Die Schüler können folglich auch nicht „sitzen bleiben“ oder eine Klasse wiederholen. Der Lehrplan einer Waldorfschule oder Rudolf-Steiner-Schule sieht vor, den Unterricht weitestgehend auf den kindlichen Reifeprozess abzustimmen. Das heißt, in den ersten Schuljahren wird viel Wert auf Bildhaftigkeit und Anschaulichkeit im Vermitteln der Lerninhalte gelegt. In der Mittelstufe, etwa ab der neunten Klasse, rückt dann der wissenschaftliche Unterricht mehr in den Mittelpunkt.

Im Waldorfkindergarten werden das soziale Miteinander, das kreative und zweckfreie Spiel mit (Natur-)Materialien sowie Rollenspiele besonders gefördert. Dem Kind soll Raum und Zeit zur eigenen Entfaltung geboten werden. Große Bedeutung kommt Waldorfkindergarten dem Tagesrhythmus, dem Jahreskalender und den Festtagen zu. Dem Miteinander liegt in Kindergarten und Schule und bestenfalls auch im Elternhaus das Menschenbild der von Rudolf Steiner entwickelten Antroposophie („Weisheit vom Menschen“) zugrunde.

Ein zentrales Bildungselement bei Rudolf Steiner ist die Nachahmung und Wiederholung. Der Vorbildrolle des Erwachsenen wird in Waldorfeinrichtungen daher besonders hohe Bedeutung beigemessen. Ein Waldorflehrer begreift sich als Begleiter der individuellen Entwicklung ihrer Schüler.

An Waldorfschulen gibt es – zumindest bis zur zehnten Klasse – keine klassischen Noten. In Zeugnissen werden der individuelle Lernfortschritt und das Bemühen des Schülers möglichst detailliert abgebildet. In jährlichen Berichtszeugnissen in Wortform erhalten die Eltern einen ausführlichen Einblick in die verschiedenen Unterrichtsinhalte und die individuellen Entwicklungsschritte ihres Kindes. „Sitzenbleiben“ ist in der Waldorfschule nicht möglich.

Ab der zehnten Klasse gibt es auch in der Waldorfschule neben dem Berichtszeugnis eines mit klassischen Schulnoten. In der Mittelstufe sind neben Tests auch Präsentationen der Schüler vor dem Klassen- bzw. Schulverband wie Referate oder künstlerische Darstellungen üblich.

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