Montag, 14. Dezember 2015

Gegenseitiges Aufrüsten führt zum Krieg

Die NZZ warnt, die Mathematik sei in Gefahr und bald hätten die Kinder lauter Sechser in der Rechenprüfung, obwohl sie nicht mehr rechnen könnten. Was treibt das über 200jährige Traditionsblatt zu dieser pessimistischen Prognose?

Mit einem kleinen Programm, das auf einem Telefon installiert werden kann, einer sogenannten App namens PhotoMath fotografieren die Schüler eine Rechenaufgabe, und die App löst sie für einen. Verstehen muss man da nichts mehr. PhotoMath offeriert immerhin noch Erklärungen zur Lösung, doch die NZZ vermutet, dass die meisten Kinder dann schon bei der nächsten Aufgabe sind.

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Mein erster Gedanke war: Es geht doch nichts über die guten alten Textaufgaben... Die sind zwar politisch nicht korrekt, da in der Rechenstunde Lesekompetenz gefragt ist, hingegen können sie sehr angewandt und aus dem Leben gegriffen sein - und PhotoMat kann sie zumindest heute noch nicht lösen.

Doch spicken wird auch in anderen Fächern einfacher. Dort braucht es zwar noch einen Klassenprimus (oder einen Cousin ausserhalb des Schulzimmers), der auf die richtigen Lösungen kommt. Mit Beep, einer anderen App, werden diese dann in Windeseile an alle versandt. Diese Erweiterung des Schülernatels ist ein simples Kommunikationssystem. Im Gegensatz zu SMS liegt das Benachrichtungssignal auf einer Frequenz von 14,800 Herz. Dies ist ein Ton, den Erwachsene nicht mehr hören können.

Erwachsene haben aber etwas mehr Taschengeld, als die Kinder und können sich einen kleinen Störsender zutun, der den Natel- und WLAN-Empfang im Umkreis von 20 Metern unterbindet. Bis es in der modernen Schule jedoch soweit kommt, sollte sich der Lehrerverband beim BAKOM für eine Gesetzesänderung einsetzen: Während der Einsatz etwa in Gefängnissen erlaubt ist, müsste ein Lehrer oder eine Schule mit einer Busse von bis zu hunderttausend Franken rechnen.

Manche Lehrer lassen ihre Schulkinder das Natel morgens um acht abgeben und schliessen die Telefone bis zum Schulschluss ein. Es gibt aber immer häufiger Kinder mit zwei Telefonen: eins zum abgeben und eins zum heimlich benutzen. Da ist es zumindest gut, technisch auf dem Laufenden zu sein. Und dann stellt sich die Frage, ob Lehrer und Kinder miteinander oder gegeneinander arbeiten, wie ihre Beziehung ist. Dazu müssen die Kinder aber auch beziehungsfähig sein und (ebenfalls von zu Hause) wissen, dass nicht alles Technik (und Technik alles) ist.

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